Lyrik, Gedichte, Zitate etc. ... (Wer hier was reinstellt sollte, wenn es denn zitiert ist, auch, wenn möglich, den Autor/Urheber nicht vergessen anzugeben.​)

  • Das Gedicht vom aktuellen Wochenende


    Die Woche war schon lang zu Ende...

    ...das nannte man dann Wochenende,

    die Sonne schien, der Himmel klar,

    der Samstag war ganz wunderbar.


    Doch dann kam schließlich noch die Nacht,

    und da sei an die Zeit gedacht,-

    eine Stunde vorgestellt,

    die Sommerzeit den Geist erhellt!


    Und dann wird nicht mehr lang geschlafen,

    ne Stunde weniger mag man das machen,

    und so verschläft man das Leben nicht...

    ...das doch für jeden wichtig ist!


    Ralf T. am 29. März 2020


    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

    Einmal editiert, zuletzt von Ralf T. ()

  • Ralf T.

    Hat den Titel des Themas von „Lyrik, Gedichte, Zitate etc. (Wer hier was reinstellt sollte, wenn es denn zitiert ist, auch, wenn möglich, den Autor/Urheber nicht vergessen anzugeben.​)“ zu „Lyrik, Gedichte, Zitate etc. ... (Wer hier was reinstellt sollte, wenn es denn zitiert ist, auch, wenn möglich, den Autor/Urheber nicht vergessen anzugeben.​)“ geändert.
  • Du hast ja schomn eins der schönsten (wichtigsten) Sprüche eingestellt .... find ich gut, den Spruch ...Lebensmotto.

    Es ist auch (m)ein Lebensmotto, damit hast du wohl recht,

    und mit diesem Motto lebt es sich nicht schlecht,...

    ...wenn man zur Genügsamkeit neigt

    und seine eigene Lebenszeit

    in das Tun mit viel Sinn stellt,

    was unendlich motiviert

    und so die Kraft erhält,...

    ...es immer wieder,

    auf´s Neue, zu tun.


    Dann macht man

    nichts im Leben lieber

    und kann wenn´s Zeit ist

    den letzten Weg zu nehmen,

    beruhigt gehen, um für immer zu ruh´n.


    R. Trefflich 5. April 2020

    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

  • Zu später Stunde macht passend die Kunde:



    Wiegenlied


    Erich Kästner


    Schlaf ein, mein Kind! Schlaf ein, mein Kind!

    Man hält uns für Verwandte.

    Doch ob wir es auch wirklich sind?

    Ich weiß es nicht. Schlaf ein, mein Kind!

    Mama ist bei der Tante...


    Schlaf ein, mein Kind! Sei still! Schlaf ein!

    Man kann nichts Klügres machen.

    Ich bin so groß. Du bist so klein.

    Wer schlafen kann, darf glücklich sein.

    Wer schlafen darf, kann lachen.


    Nachts liegt man neben einer Frau,

    die sagt: Laß mich in Ruhe.

    Sie liebt mich nicht. Sie ist so schlau.

    Sie hext mir meine Haare grau.

    Wer weiß, was ich noch tue.


    Schlaf ein, mein Kind! Mein Kindchen, schlaf!

    Du hast nichts zu versäumen.

    Man träumt vielleicht, man wär ein Graf.

    Man träumt vielleicht, die Frau wär brav.

    Es ist so schön, zu träumen...


    Man schuftet, liebt und lebt und frißt

    und kann sich nicht erklären,

    wozu das alles nötig ist!

    Sie sagt, dass du mir ähnlich bist.

    Mag sich zum Teufel scheren!


    Der hat es gut, den man nicht weckt.

    Wer tot ist, schläft am längsten.

    Wer weiß, wo deine Mutter steckt!

    Sei ruhig. Hab ich dich erschreckt?

    Ich wollte dich nicht ängsten.


    Vergiß den Mond! Schlaf ein, mein Kind!

    Und laß die Sterne scheinen.

    Vergiß auch mich! Vergiß den Wind!

    Nun gute Nacht! Schlaf ein, mein Kind!

    Und, bitte, laß das Weinen...

    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

    • Offizieller Beitrag

    Darf ich eines meiner letzten Gedichte hier reinschreiben ? Eins habe ich eingeschickt in die Bibliothek deutschsprachiger Gedichte.


    Die Krise


    Wir Menschen in unserem Land
    stehen vor einer undurchdringbaren Virenwand.
    Tagein und tagaus hören und sehen wir in allen Situationen
    in welch einer großen Gefahr wir wohnen.

    Bleiben wir daheim und schützen unser Leben,
    soweit es geht, Abstand halten und nicht Hände geben.
    Es gibt vieles, um die Langeweile zu vertreiben,
    Corona soll sich nicht die Hände reiben.

    Wir haben Angst uns anzustecken,
    sie lauert fast in allen Ecken.
    Lasst die Angst nicht zu sehr an Euch ran,
    Kämpft mit allen Mitteln gegen sie an.

    Täglich häufen sich die Todesmeldungen in unserem Land
    Die Ärzte und Schwestern sind mit ihren Kräften am Rand.
    Denkt an die Menschen die erkranken,
    diesen wollen wir hier danken.

    Bleibt gesund.
    und haltet Euch an die im Moment geltenden Regeln

    im Zusammenleben.


    Brigitte Lebelt, März 2020

  • Kleine Stadt am Sonntagmorgen


    Erich Kästner


    Das Wetter ist recht gut geraten.

    Der Kirchturm träumt vom lieben Gott.

    Die Stadt riecht ganz und gar nach Braten

    und auch ein bißchen nach Kompott.


    Am Sonntag darf man lange schlafen.

    Die Gassen sind so gut wie leer.

    Zwei alte Tanten, die sich trafen,

    bestreiten rüstig den Verkehr.


    Sie führen wieder mal die alten

    Gespräche, denn das hält gesund.

    Die Fenster gähnen sanft und halten

    sich die Gardinen vor den Mund.


    Der neue Herr Provisor lauert

    auf sein gestärktes Oberhemd.

    Er flucht, weil es so lange dauert.

    Man merkt daran: Er ist hier fremd.


    Er will den Gottesdienst besuchen,

    denn das erheischt die Tradition.

    Die Stadt ist klein. Man soll nicht fluchen,

    Pauline bringt das Hemd ja schon!


    Die Stunden machen kleine Schritte

    und heben ihre Füße kaum.

    Die Langeweile macht Visite.

    Die Tanten flüstern über Dritte.

    Und drüben, auf des Marktes Mitte,

    schnarcht leise der Kastanienbaum.



    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

    • Offizieller Beitrag

    Blumen

    Blumen, bunt und süß

    duftend stehn sie vorm Haus

    wir lieben sie, weil sie Freude bringen,

    sie strahlen Liebe und Zuversicht aus.

    Wir pflanzen sie mit Bedacht

    nach Art und Farbe in die Erde sacht,

    bedecken sie sanft, so dass sie noch ruh´n

    noch haben wir nicht so viel zu tun

    Sind die Eisheiligen erst mal vorbei,

    hält uns nichts mehr in den Räumen.

    Es wird gekauft, gehackt, gegraben

    Der Frühling macht auch die Gedanken frei

    Die Sonne lädt uns endlich ein zum träumen.

    Febr.2015 B.Lebelt

  • Frohe Ostern!


    Und schon hoppeln die Hasen,

    mit Pinseln und Tuben

    und schnuppernden Nasen,

    aus Höhlen und Gruben

    durch Gärten und Straßen

    und über den Rasen

    in Ställe und Stuben.


    Dort legten sie Eier, als ob’s gar nichts wäre,

    aus Nougat, Krokant und Marzipan.

    Der Tapferste legt eine Bonbonniere.

    Er blickt dabei entschlossen ins Leere.

    Bonbonnieren sind leichter gesagt als getan.


    Erich Kästner

    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

    Einmal editiert, zuletzt von Ralf T. ()

  • Der April


    Erich Kästner


    Der Regen klimpert mit einem Finger

    die grüne Ostermelodie.

    Das Jahr wird älter und täglich jünger.

    O Widerspruch voll Harmonie!


    Der Mond in seiner goldnen Jacke

    versteckt sich hinter dem Wolken-Store.

    Der Ärmste hat links eine dicke Backe

    und kommt sich ein bisschen lächerlich vor.

    Auch diesmal ist es dem März geglückt:

    er hat ihn in den April geschickt.


    Und schon hoppeln die Hasen,

    mit Pinseln und Tuben

    und schnuppernden Nasen,

    aus Höhlen und Gruben

    durch Gärten und Straßen

    und über den Rasen

    in Ställe und Stuben.


    Dort legen sie Eier, als ob’s gar nichts wäre,

    aus Nougat, Krokant und Marzipan.

    Der Tapferste legt eine Bonbonniere,

    er blickt dabei entschlossen ins Leere –

    Bonbonnieren sind leichter gesagt als getan!


    Dann geht es ans Malen. Das dauert Stunden.

    Dann werden noch seidene Schleifen gebunden.

    Und Verstecke gesucht. Und Verstecke gefunden:

    Hinterm Ofen, unterm Sofa,

    in der Wanduhr, auf dem Gang,

    hinterm Schuppen, unterm Birnbaum,

    in der Standuhr, auf dem Schrank.


    Da kräht der Hahn den Morgen an!

    Schwupp sind die Hasen verschwunden.

    Ein Giebelfenster erglänzt im Gemäuer.

    Am Gartentor lehnt und gähnt ein Mann.

    Über die Hänge läuft grünes Feuer

    die Büsche entlang und die Pappeln hinan.

    Der Frühling, denkt er, kommt also auch heuer.

    Er spürt nicht Wunder noch Abenteuer,

    weil er sich nicht mehr wundern kann.


    Liegt dort nicht ein kleiner Pinsel im Grase?

    Auch das kommt dem Manne nicht seltsam vor.

    Er merkt gar nicht, dass ihn der Osterhase

    auf dem Heimweg verlor.


    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

    • Offizieller Beitrag

    Zweifel (Kann man auch noch heute anwenden)

    01.05.09, 19:55

    Was bringt Dich zum zweifeln, was?

    Warum schaust Du nicht vorwärts, warum zurück?

    Es gibt auch gutes in Deinem Leben,

    lass sie reden, schweig fein still.

    So sagte man früher, wenn man klug sein will.

    Nicht alles ist eitel Sonnenschein,

    merks Dir und denk Dir Deinen Teil.

    Menschen sind schlecht, denn keiner gibt nach,

    deshalb gibts ja auch viel Ungemach.

    Nimm Dir Zeit und ruh Dich aus

    werf alles von Dir ab ganz schnell.

    Aus Deinem Leben, mach was draus,

    Denn Du hast kein dickes Fell.

    Dank an alle die's verstehn,

    Zweifle nicht an Deiner Fähigkeit.

    Man wird es irgendwann auch seh'n

    dass man ging etwas zu weit.

    Ich wünsche allen auf der Welt,

    egal wer hier lebt und schreibt

    dass Freundschaft Euch zusammenhält

    so wie man's wünscht, dass es auch bleibt.

    Brigitte Lebelt

  • Das Eisenbahngleichnis


    Erich Kästner


    Wir sitzen alle im gleichen Zug

    und reisen quer durch die Zeit.

    Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.

    Wir fahren alle im gleichen Zug

    und keiner weiß, wie weit.


    Ein Nachbar schläft; ein andrer klagt;

    ein dritter redet viel.

    Stationen werden angesagt.

    Der Zug, der durch die Jahre jagt,

    kommt niemals an sein Ziel.


    Wir packen aus, wir packen ein.

    Wir finden keinen Sinn.

    Wo werden wir wohl morgen sein?

    Der Schaffner schaut zur Tür herein

    und lächelt vor sich hin.


    Auch er weiß nicht, wohin er will.

    Er schweigt und geht hinaus.

    Da heult die Zugsirene schrill!

    Der Zug fährt langsam und hält still.

    Die Toten steigen aus.


    Ein Kind steigt aus, die Mutter schreit

    Die Toten stehen stumm

    am Bahnsteig der Vergangenheit.

    Der Zug fährt weiter, er jagt durch die Zeit,

    und keiner weiß, warum.


    Die erste Klasse ist fast leer.

    Ein feister Herr sitzt stolz

    im roten Plüsch und atmet schwer.

    Er ist allein und spürt das sehr

    Die Mehrheit sitzt auf Holz


    Wir reisen alle im gleichen Zug

    zur Gegenwart in spe.

    Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.

    Wir sitzen alle im gleichen Zug

    und viele im falschen Coupé.

    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

    • Offizieller Beitrag

    angelehnt an dein Gedicht von E.Kästner


    Eine Reise mit dem “Boahnl

    Im Winter durch Schnee und Eis,

    ist's kuschlig warm im Abteil.

    Wie schon mancher Urlauber weiß,

    ist eine Reise etwas für die Langeweil..

    im Winter weiß im Sommer ist’s grün

    Es dampft die Bahn zu jeder Zeit,

    wenn Bäume, Sträucher und Blumen blühn

    fährt sie fleißig die Gleise entlang und ist immer bereit.

    ZOJE sagt der Volksmund kurz und prägnant

    was das wohl wieder heißt?

    "Zug ohne jede Eile" wurde er genannt.

    damit ist jeder gern gereist.

    Auf schmaler Spur fährt er dahin,

    freut alle, wenn sie ihn sehn...

    Nach Freude steht uns der Sinn,

    wenn wir zum Bahnhof gehen hin.

    Copy.B. L. 2009

  • Zu dem folgenden Gedicht hatte ich, im Vorab, ein Erlebnis das mich nachhaltig, also nach dem Lesen des Gedichtes, sehr berührte, Immer wenn ich morgens, gegen 6.00 Uhr mit meinem Nebenjob fertig war, fuhr ich, mit dem Auto, zu meiner Hauptarbeitsstelle und jeden Morgen, außer Samstags und Sonntags kam mir, auf dem von mir aus in Fahrtrichtung gesehen, auf dem linken Bürgersteig ein Blinder mit seinem Hund entgegen. Immer wenn ich ihn sah dachte ich, mann ist der beschissen dran, wenn er nichts sehen kann,...ich fand sowieso schon immer das Blinde von den Behinderten am schlimmsten getroffen sind, zumindest wenn sie vorher schon mal irgendwann, irgendwas gesehen haben, wenn sie also das Augenlicht durch einen Unfall verloren haben. Wie es bei dem Blinden, der mir mit seinem Hund entgegen kam wusste ich nicht, aber irgendwann habe ich mitbekommen das es wohl der Weg zu seiner Arbeitsstelle, also einer Behindertenwerkstatt haben. Wenn ich da also morgens immer lang fuhr begegneten wir uns fast immer an der gleichen Stelle, ich sah in mit seinem Hund und er hörte sicher mein Auto. Irgendwann einmal, war es anders, sicher zeitlich denn wir begegneten uns an einer Stelle wo er die Straße überqueren wollte auf der ich gerade mit meinem Auto fuhr. Weil ich dort mit meinem Auto fuhr blieb der Hund stehen und setzte sich, was dem Blinden sagte ebenfalls stehen zubleiben, was er natürlich tat. Ich war mit meinem Auto herangefahren und hielt an, damit er mit seinem Hund die Straße überqueren konnte. Als der Hund sah das ich anhielt stand er wieder auf, der Blinde nickte in meine Richtung und hob kurz die Hand und beide überquerten die Straße. Warum ich damals stehen geblieben bin kann ich heute nicht mehr sagen, vielleicht weil ich immer so Mitleid mit ihm hatte ohne ihm das gesagt zu haben. Ein halbes Jahr später las ich folgendes Gedicht:


    Der Blinde an der Mauer


    Erich Kästner


    Ohne Hoffnung, ohne Trauer

    Hält er seinen Kopf gesenkt.

    Müde hockt er auf der Mauer.

    Müde sitzt er da und denkt:


    Wunder werden nicht geschehen.

    Alles bleibt so, wie es war.

    Wer nichts sieht, wird nicht gesehen.

    Wer nichts sieht, ist unsichtbar.


    Schritte kommen, Schritte gehen.

    Was das wohl für Menschen sind?

    Warum bleibt den niemand stehen?

    Ich bin blind, und ihr seit blind.


    Euer Herz schickt keine Grüße

    aus der Seele ins Gesicht.

    Hörte ich nicht eure Füße,

    dächte ich, es gibt euch nicht.


    Tretet näher! Laßt euch nieder,

    bis ihr ahnt was Blindheit ist.

    Senkt den Kopf, und senkt die Lieder,

    bis ihr, was euch fremd war, wißt.


    Und nun geht! Ihr habt ja Eile!

    Tut, als wäre nichts geschehen.

    Aber merkt euch diese Zeile:

    "Wer nichts sieht, wird nicht gesehen."



    Nachdem ich das gelesen hatte, war ich froh, das ich an jenem Morgen angehalten habe um ihn die Straße überqueren zu lassen, was allerdings nicht nötig gewesen wäre, denn als ich mit meinem Auto da ankam stand er ja schon. Aber so konnte ich ihm mit meinem Warten wenigstens sagen das es schon jemanden gibt der ihn sieht und sich die Zeit nimmt auf ihn zu warten. Das Gefühl, welches mir im Nachhinein, also nach dem lesen des Gedichtes zuteil wurde ist unbeschreiblich schön und es ist mit nichts Anderem vergleichbar.

    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

    2 Mal editiert, zuletzt von Ralf T. ()

  • Das Gefühl, welches mir im Nachhinein, also nach dem lesen des Gedichtes zuteil wurde ist unbeschreiblich schön und es ist mit nichts Anderem vergleichbar.


    Dieses Gefühl kam mir des Öfteren unter, allerdings immer mit einer anderen Intensität was natürlich mit Dauer und Zusammenhängen der Begebenheiten zu tun hatte, aus denen dieses Gefühl resultierte. Im Großen und Ganzen ist es immer auf die Arbeit oder besser gesagt Hilfe (...denn als Arbeit habe ich es nie gesehen) mit alten Menschen zurückzuführen, die es mir mit ihrem Lächeln, Blicken oder Worten gaben. Mein Wirken in diesem Bereich der Altenpflege, ob nun als Hausmeister oder Pfleger, waren insgesamt 6 Jahre in Alten - und Pflegeheimen, wo ich bei den alten Menschen in Gesprächen ganz genau mitbekam, wie sie über den Aufenthalt in "ihrer letzten Wohnung" denken. Das gibt das folgende Gedicht sehr gut wieder:


    Das Altersheim


    Erich Kästner


    Das ist ein Pensionat für Greise.

    Hier hat man Zeit.

    Die Endstation der Lebensreise

    ist nicht mehr weit.

    Gestern trug man Kinderschuhe.

    Heute sitzt man hier vorm Haus.

    Morgen fährt man zur ewigen Ruhe

    ins Jenseits hinaus.


    Ach, so ein Leben ist rasch vergangen,

    wie lang es auch sei.

    Hat es nicht eben erst angefangen?

    Schon ist´s vorbei.


    Die sich hier zur Ruhe setzten,

    wissen vor allem das eine:

    Das ist die letzte Station vor der letzten.

    Dazwischen liegt keine.


    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

    Einmal editiert, zuletzt von Ralf T. ()

  • Eine von den älteren Menschen, die ich im Pflegeheim fast täglich besuchte war Frau K., ich weiß nicht mehr genau welcher Jahrgang sie war, ich glaube sie war im 84. Lebensjahr als sie von dieser Welt ging. In ihren letzten 2.Jahren habe ich sie immer besucht und mich mit ihr, so gut es ging, unterhalten. Das war nicht immer einfach, denn sie hatte schon einige Schlaganfälle hinter sich und war fast vollends gelähmt, so das sie nur im Bett liegen konnte oder im Rollstuhl saß und eigentlich nur noch die Augen bewegen konnte. Reden konnte sie nur unter größter Anstrengung, da ja auch Mund und Zunge teilweise von der Lähmung betroffen war. Zumeist las ich ihr immer meine Morgengedichte vor, die ich damals noch jeden Tag geschrieben habe, eigentlich für sie und andere Seniorinnen. Ab und an las ich auch mal aus den Worten zum Tage vor und meine Definition zu den aktuellen Worten zum Tage. Die Worte zum Tage sind christliche Zeilen mit Bibelzitaten und Worten von bekannten Christen zu jedem Tag im Jahr. Das tat ich nicht weil diese Literatur toll ist,...ich kann dem nichts abgewinnen, da ich in dieser Hinsicht nicht gläubig bin und auch sonst mit Religionen nichts am Hut habe, nein(!), ich tat es für diese alten Menschen, die waren fast alle gläubig. Im gleichem Atemzug las ich ihnen aber auch meine Gedanken zu den Worten zum Tage vor, die eigentlich immer ein Hinterfragen der Zitate und Worte zum Ausdruck brachten und logische Lösungen zum bewältigen von Lebenssituationen beinhalteten,...denn in den Worten zum Tage konnte ich nichts Logisches finden, also machte ich mir meine Gedanken dazu. So etwas las ich also Frau K. vor und eines Tages fragte ich Frau K. ob sie wirklich an Gott glaube und ob sie auch beten würde. Ihre Antwort war: "Jede Nacht! Jede Nacht bete ich...das es endlich vorbei ist." Ihr Warten auf ihre eigene Erlösung von diesem grauenhaften irdischen Dasein, denn daran ist nichts mehr schön, wenn man ständig auf fremde Hilfe angewiesen ist, also ihr Zustand und ihre Gedanken dazu, gibt sehr treffend das folgende Gedicht wieder:


    Also,...in Gedanken an Frau K.


    Alte Frau auf dem Friedhof


    Erich Kästner


    Sie scheint auf den Tod zu warten.

    Täglich kommt sie hierher

    und sitzt bis zum Abend im Garten,

    als ob sie zu Hause wär.


    Sie kennt alle Leichensteine.

    Sie kennt jeden Gitterstab.

    Und sie hockt bis zum Abend alleine

    an ihrem eigenen Grab.


    Dunkle Choräle verwehen.

    Weinende Menschen stehn

    vor frischen Gräbern und gehen

    ergriffen durch graue Alleen.


    Die Alte sitzt unbeweglich.

    Sie ist nicht schlimm und nicht fromm.

    Sie hockt und schweigt, und täglich

    betet sie: "Tod, nun komm!"




    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

  • Eine andere alte Dame, die ich täglich besuchte war Frau M., Jahrgang 1924, gelernte und praktizierende Physiotherapeutin bis zur Rente. 2007 schlug bei ihr das Schicksal hart zu, Schlaganfall(!) - das Resultat eine halbseitige Lähmung. Frau M. habe ich 2010 in meinem Praktikum kennengelernt, sie war sozusagen meine erste zu Pflegende im Pflegeheim. Während des Praktikums war ich sowieso jeden Tag 2 xMal bei ihr, schon wegen der Pflege. Danach ging ich sie dann immer noch besuchen, machte mit ihr Kreuzworträtsel und las ihr vor. Sie hat mir eigentlich ihr ganzes Leben erzählt und auch von ihren beiden Kindern und von ihren Enkeln, von denen ein Kind früh verstorben war. Sie hatte ein Lieblingsgedicht von Kästner "Das Eisenbahngleichnis". Ich hatte es hier schon mal reingestellt und werde es im Zusammenhang mit Frau M. und im Gedenken an sie noch einmal zitieren. Als Frau M. noch lebte wusste ich warum sie das Gedicht so mochte,- ihr Vater ist Eisenbahner gewesen und überhaupt spiegelt dieses Gedicht den Lebensweg der Menschen. Das Frau M. dieses Gedicht nicht nur deswegen sondern viel mehr am Herzen lag merkte ich erst nach ihrem Tod. Frau M. verstarb im Januar 2016. Die Tochter informierte mich diesbezüglich und gab mir den Bestattungstermin, oder besser gesagt den Tag der letzten Ehrerweisung, sie fand im Gebäude des Friedhofs statt. Die Tochter fragte mich ob ich ein paar Worte sagen oder Zeilen vorlesen würde. Natürlich bejahte ich und mir fiel sofort Das Eisenbahngleichnis von Kästner ein. Wir gingen in den Raum, die Tochter, der Sohn mit Frau und noch zwei Damen, die Frau Müller, so wie ich, immer besucht hatten um ihr vorzulesen etc. . Wir setzten uns, vorne ein Bild von Frau M., die Urne, Blumen, Kerzen für eine letze Ehrerweisung, Worte und Gedenken alles sehr schön hergerichtet, selbst wenn der Anlass nicht so schön ist, wenn man von jemanden Abschied nimmt, den man gut gekannt hat. Die Tochter sprach einführende Worte und bat mich dann das Gedicht vorzutragen. Ich klappte "Dr. Erich Kästners Lyrische Hausapotheke" auf und begann zu lesen. Ich dachte vorher noch so..."wieso haste das Buch mitgenommen, du kannst es doch auswendig" aber eigentlich war das Buch eine gute Hilfe, um irgendwo hinzusehen, beim Vortragen des Gedichtes. Aber es sollte anders kommen. Ich fing also an zu lesen, nein, ich fing an das Gedicht aufzusagen und dabei ins Buch zu sehen: "Das Eisenbahngleichnis von Erich Kästner" dann sah ich die Anwesenden an und wieder ins Buch, die erste Strophe, sah wieder zu den Anwesenden, dann die zweite Strophe, sah wieder zu den Anwesenden auf , dann die dritte Strophe, sah wieder zu den Anwesenden und dann die vierte Strophe und ab "...die Toten steigen aus" sah zu den Anwesenden, dann sah ich die Schwiegertochter an und in dem Moment wurde mir völlig klar warum dieses Gedicht etwas Besonderes für Frau M. gewesen ist, denn es geht weiter mit der fünften Strophe..."ein Kind steigt aus, die Mutter schreit", ich sah wieder die Schwiegertochter an und bekam glasige Augen,..."die Toten stehen stumm", dann war es vorbei, ich konnte es nicht bis zu Ende vortragen, das übernahm die Tochter dann. Ab diesem Moment, wo mir die Stimme stockte, weil mir klar wurde was Frau M. immer mit diesem Gedicht verbunden hat, es war der zuerst geborene Enkel der mit drei oder vier Jahren schon gestorben war. Sie hatte mir oft, mit Tränen in den Augen davon erzählt, sie hatte es nie verwunden, das er so früh gehen musste. Ob die anderen Anwesenden das mitbekommen hatten, was Frau M. letzten Endes immer mit diesem Gedicht verband, weiß ich nicht, vielleicht die Schwiegertochter sie sah mich an als ich stockte, es war ein Blick den man spüren konnte, als ob sie mir sagte "Ja, Sie liegen richtig mit Ihren Gedanken und es muß Ihnen keineswegs peinlich sein, das Sie es nicht bis zum Schluss vorgetragen haben." Auch wenn mich dieser Moment des Erkennens mit einer unglaublichen Intensität heimsuchte, war ich im Nachhinein doch froh es erkannt zu haben, auch wenn ich mit Frau M. nicht mehr darüber sprechen konnte. Aber hier, in Gedanken an Frau M. noch einmal:



    Das Eisenbahngleichnis



    Erich Kästner


    Wir sitzen alle im gleichen Zug

    und reisen quer durch die Zeit.

    Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.

    Wir fahren alle im gleichen Zug

    und keiner weiß, wie weit.



    Ein Nachbar schläft; ein andrer klagt;

    ein dritter redet viel.

    Stationen werden angesagt.

    Der Zug, der durch die Jahre jagt,

    kommt niemals an sein Ziel.



    Wir packen aus, wir packen ein.

    Wir finden keinen Sinn.

    Wo werden wir wohl morgen sein?

    Der Schaffner schaut zur Tür herein

    und lächelt vor sich hin.



    Auch er weiß nicht, wohin er will.

    Er schweigt und geht hinaus.

    Da heult die Zugsirene schrill!

    Der Zug fährt langsam und hält still.

    Die Toten steigen aus.



    Ein Kind steigt aus, die Mutter schreit

    Die Toten stehen stumm

    am Bahnsteig der Vergangenheit.

    Der Zug fährt weiter, er jagt durch die Zeit,

    und keiner weiß, warum.



    Die erste Klasse ist fast leer.

    Ein feister Herr sitzt stolz

    im roten Plüsch und atmet schwer.

    Er ist allein und spürt das sehr

    Die Mehrheit sitzt auf Holz



    Wir reisen alle im gleichen Zug

    zur Gegenwart in spe.

    Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.

    Wir sitzen alle im gleichen Zug

    und viele im falschen Coupé.

    Wenig hervortreten, viel leisten - mehr sein als scheinen.

    Alfred von Schlieffen

    Einmal editiert, zuletzt von Ralf T. ()

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